Presseshow des Horrors…

…mit ein paar Lichtblicken

Im Nachgang zu “Chemnitz” formuliert eine sich formierende intellektuelle (?) ostdeutsche Rechte die, tatsächlich lange überfällige, narrative Sichtbarwerdung des Ostens als völkisch-nationale.

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Ein Klaus-Rüdiger Mai (dissidentische oder revolutionäre Credentials unbekannt) konstruiert in der NZZ  den Osten als “Avantgarde” eines solchen Nationalismus, (einer – noch besser – “Moderne”), der sich aber als ein ziemlich post-stukturalistischer, konstruierter und schließlich tautologischer herausstellt. Kein deutscher, sondern ein ostdeutscher, keiner, der sich nicht über Blut und Herkunft konstitutiert, sondern über eine bestimmte, im Osten erlernte Kultur – des Protestes, des Misstrauens gegenüber den Oberen, des Anti-Kosmopoliten, des bodenständigen, etc. Wer linksliberal ist und Kosmopolit, ist schlicht und ergreifend kein Ossi.
“Frau Merkel ist keine Ostdeutsche.”

Frau Lengsfeld argumentiert auf ihrem Blog ähnlich und attestiert den Ostdeutschen eine Tradition des Widerstands gegen “zwei sozialistische Diktaturen”. Der Rechtsdrift dieser Gruppe ehemaliger Bürgerbewegter beginnt mir auf eine Weise noch einmal anders einzuleuchten, schließlich ist ihre Lebensleistung (die vor und bis 1989) in einer solchen Erzählung um einiges besser aufgehoben, als im von Mitte/links her vielbemühten Klischee der demokratieunfähigen Ossis. Welches letztere sich ja für viele Ostdeutsche vermutlich weder mit den eigenen Erfahrungen von 1989/90 deckt, noch mit den Erinnerungen an die von vielen mit dem eigenen Leibe ausgetragenen massiven betrieblichen und sozialen Proteste der 90er und 00-er Jahre.

Nun muss ich mit Entsetzen konstatieren: die Rechte war schneller. Und schlauer. Vielleicht einfach näher dran am Puls der sich aufstauender Frustrationen. Vielleicht auch einfach skrupelloser in dem ihr eigenen Opportunismus.

Um so wichtiger, jetzt die Aufmerksamkeit, oder sagen wir, die kurzzeitige (?) Aufhebung eines fortwährenden Desinteresses, zu nutzen, um die Demokratiegeschichte und die Protesttradition des Ostens anders und von links zu erzählen – nebenbei auch: zu leben.

Peter Richter macht das in der Süddeutschen Zeitung, finde ich, sehr schön und fast beiläufig, und auch Frank Richter, über dessen Hochalten des Klischees der Demokratieunfähigkeit der Ostdeutschen ich mich noch vor wenigen Wochen geärgert habe, schafft es, ebenfalls in der Süddeutschen, ganz wunderbar den Grad zwischen Verstehen und Entschuldigen/ Verharmlosen zu navigieren. Der Zeitschrift monopol reicht Chemnitz gar endlich zum Anlass, auch mal die Subkulturen der ostdeutschen Provinz zu würdigen.

Wenn also im Zuge von Pegida, AfD, “Chemitz”, sich Raum öffnet in der Aufmerksamkeit der Mitte für eine Sichtbarkeit anderer biografischer und politischer Erfahrungen im Osten und wenn dieser auch von links her gefüllt werden kann, auch mit Erzählungen politischen Handelns, die nicht deckungsgleich sind, mit denen aus dem Westen, dann ist hier vielleicht auch noch Raum für eine Bewegung ins Positive.